TiTANEN sind eigentlich
keine Frühaufsteher. Eine Ausnahme gibt es allerdings.
Nämlich dann, wenn wir uns vorgenommen haben, die Reise
zu einem Auswärtsspiel mit der Bahn anzutreten. Das sind
erfahrungsgemäß immer kulturell wertvolle Aktionen
gewesen, über die der ein oder andere sicherlich später
auch seinen Enkeln erzählen wird.
Diesmal führte die Reise in die preußische Enklave
40 km westlich von Jena. Und so kam es, daß wir uns für
8.00 Uhr auf dem Göschwitzer Hauptbahnhof verabredet hatten.
Nein, ganz so schlecht ist die Mitte-Deutschland-Verbindung
nicht, daß man für eine 40 km-Reise 6 Stunden einplanen
muß, und Grenzkontrollen zwischen Thüringen und
Preußen gibt es seit Ende der Kleinstaaterei im vorletzten
Jahrhundert auch nicht mehr. Wir wollten ganz einfach die gute
Tradition nicht brechen. Eine zünftige Reise mit der Bahn
zu einem Auswärtsspiel ist keine Sache für Weicheier.
Da wird schon mal ein Opfer gefordert. Auch dieses Mal hieß
es: "Früh raus aus den Federn!"
Samstag morgen waren dann die härtesten der Harten
auch pünktlich zur Stelle. Damit uns aber nicht zu langweilig
wird, denn irgendwann sind auch mal die hervorragenden Freizeitangebote
des Göschwitzer Hauptbahnhofes ausgelaugt, haben wir das
mitgebracht, was uns Thüringer in der ganzen Welt so populär
macht: Einen Bratwurstrost und viele herrlich frische Bratwürste.
Dazu noch das gute K######### Bier.
So wollten wir uns auf die Kurzreise nach Preußen vorbereiten.
Dort werden zwar auch "Original Thüringer Rostbratwürste"
feilgeboten, doch diese Mischung aus Bulette und Currywurst
erkennt der Feinschmecker sofort als billige Imitation.
So schmissen wir denn auch gleich fachmännisch den mitgebrachten
Hoko-Grill an und begannen mit der Bruzzelei. Damit auch alle
wissen, mit wem sie´s zu tun haben, durfte unsere Flagge
an diesem Tag den Bahnhof schmücken. Übrigens sehr
zur Freude der vielen tausend dort verkehrenden Reisenden und
Pendlern.
Irgendwann wurdens dann immer mehr reiselustige FCC-Fans, die
sich einfanden und so zelebrierten wir gemeinsam den Beginn
dieser wunderbaren Reise.
Zur Bedeutung des bevorstehende Spieles sei an dieser Stelle
noch angemerkt, daß der FCC, der übrigens schon
immer die Nr.1 im Freistaate gewesen ist, es heute immer noch
ist und auch in Zukunft sein wird, seine Hausaufgaben wieder
mal vorbildlich etwas früher als andere gemacht hatte.
Die im Winter von einigen nicht mehr für möglich
gehaltene Qualifikation für Liga 3 wurde bereits am vorletzten
Spieltag mit einem, zwar mühevollen, 2:1 Sieg über
Schlußlicht Zwiggau unter Dach und Fach gebracht.
Die Fahrt nach Erfurz sollte also in erster Linie dazu dienen,
unseren Freunden aus der Landeshauptstadt noch mal so richtig
zu zeigen, was eine ordentliche Fankultur ist.
Erwartungsgemäß wollte eine große Anzahl von
Fans den FCC auf seiner Reise nach Erfurz zum preußisch-thüringischen
Lokalderby begleiten. Da auch diesmal von einigen Spinnern
im Vorfeld dieses Spieles handgreifliche Auseinandersetzungen
angekündigt wurden, wollte man die ganze Masse bündeln.
Vom EAS fuhren 16?? Busse gen Erfurt und kurz nach halb zwölf
rollte der von der Deutschen Bahn großzügig zur
Verfügung gestellte Sonderzug in den Göschwitzer
Hauptbahnhof ein.
Pünktlich um 11.?? Uhr ging es dann los. Der Zug war gut
gefüllt und am Westbahnhof gesellten sich noch einige
dazu. Mit jedem Kilometer, den wir gen Erfurz fuhren, wurde
es lauter im Zug. Die meisten Leute waren gut drauf. Einige
hatte ihren Höhepunkt des Tages auch schon wieder überschritten.
Aber Alkoholleichen gehören nun mal dazu wie der Senf
zur Bratwurst.
In Erfurz angekommen, mußten wir uns auch gleich lautstark
bemerkbar machen. Es war ein imposanter Aufmarsch, der sich
da durch die Stadt schlängelte und teilweise den Verkehr
zum Erliegen brachte. Am Wegesrand zeigten sich immer wieder
mal irgendwelche Stänkerfritzen, aber die waren nur zu
unserer Belustigung erschienen.
Am Erfurzer Stadion war alles wie immer. Dem großen Ansturm
aus Jena war man nicht gerecht geworden. Ein einziges Tor war
geöffnet, an dem obendrein auch noch Karten verkauft wurden.
So stauten sich die Leute und in denen wiederum staute sich
Wut über solch desolate Zustände. So dauerte es nicht
lange und die Jena-Fans nahmen die Einlaßkontrolle selbst
in die Hand. Das ging dann auch gleich viel zügiger und
so waren alle noch rechtzeitig drin.
Aber was soll man auch erwarten, wenn plötzlich doppelt
so viele Gästeanhänger kommen, wie zuletzt insgesamt
bei den Heimspielen der Putzis anwesend waren.
Das Wetter war gut, die Stimmung war noch besser. Hatte es
am Morgen noch geregnet und Sturmböen von Windstärke
27 gegeben, so schien jetzt die Sonne getreu nach dem Motto:
"Über Erfurz lacht die Sonne und wir auch" oder
so ähnlich.
Auf der Haupttribüne des Erfurzer Absteigerwaldstadions
versuchten sich einige Anwesende mit einer Choreographie aus
Papierzettelchen in den bekannten Farben einer populären
Zahnpastamarke. Man sah den meisten Leuten aber an, daß
sie zum erstenmal im Stadion gewesen waren. Das klappte nämlich
nicht. Ganz anders im Gästeblock. Rechts war alles blau,
in der Mitte gelb und links weiß. Geil sah`s aus.
Beim Blick über die Tribüne und die Kurve gegenüber
stellten wir fest, daß der FC Carl Zeiss JENA in der
Rückrunde offenbar nicht nur die Herzen der eigenen Fans
höher schlagen ließ, sondern mittlerweile auch in
Erfurz die Leute anzieht wie die einst Real Madrid. 11.000
Zuschauer waren´s. Davon 4.000 aus Jena. Respekt!
Zum Spiel sei nur soviel gesagt: Jenas Spieler hatten keine
richtige Lust mehr nach der anstrengenden Rückrunde. Sie
freuten sich auf ihren wohlverdienten Urlaub. Die mit gereisten
Jenaer Fans lieferten einen geilen Support ab. Der Schiri aus
der 1.Bundesliga war genauso schlecht wie alle anderen Schiris,
die wir in dieser Saison erleben durften. Jena hat 2:0 verloren.
Zwei Spieler durften vorzeitig duschen und Erfurz hat einen
Ball weniger.
Nach dem Spiel stürmten die Anhänger des einzig wahren
Zahnpastavereins Thüringens das Spielfeld, um den beinahe
schon legendären Sieg gegen Jena zu feiern. Leider hatten sie die Rechnung ohne die emsigen Potsdamer
Vorstädter aus Babelsberg gemacht.
Erfurz war am Ende siebter, was keinesfalls ein schlechter
Platz für deren Verhältnisse ist, aber zur direkten
Quali für Liga drei hat´s nicht gereicht.
Das machte einige so sauer, daß sie nach dem Spiel traurig
nach Hause liefen. Andere freuten sich mit uns und wollten
mit uns noch feiern, aber die 3.Macht an diesem Tage ließ
sie nicht. Naja, wir feiern ja auch nicht mit jedem.
Die Rückfahrt stand dann ganz im Zeichen des letzten Bundesligaspieltages.
Es ist wirklich so: Entweder man haßt die Bayern oder
man mag sie. Dazwischen gibts nix. Wir mögen sie
nicht.
In Jena ging´s dann noch in die City, um mit der Mannschaft
noch ein wenig zu feiern. Man hätte meinen können,
wir hätten den Europapokal geholt. Ordentlich Leute waren
da und die Mannschaft kam mit Nobelcabrios eines Autohauses
aus dem Süden der Stadt vorgefahren. Nach gut einer Stunde
des gegenseitigen Sich-Feiern-Lassens, bei dem auch Röhlis
kultiger Hit "Lets go Jena lets go!" nicht fehlen
durfte, verzog man sich dann in Jenas Kneipen. Die Titanen
sorgten für einen Rekordumsatz in ihrer Stammkneipe.
Hiervon gibt es allerdings aus ästhetischen Gründen
keine Bildberichterstattung.
(lars) |