Thüringer Pokalfinale 2002/03 oder Wie trägt man zur Rettung eines
klammen Landeshauptstadtvereins bei?
Selten gab es so viele Querelen schon vor einem Spiel zwischen dem FCC und dem FC TFV.
Damit die überbezahlten (wenn sie denn mal bezahlt werden)) Helden aus der Gänseblümchenmetropole
in den wohlverdienten Urlaub können, sollte das Spiel nach Vorschlag von Will
"Harelip" deBuhr in der Festwoche des 100jährigen Jubiläums des
FCC quasi als Vorspiel der USV-Mädels ausgetragen werden. Hierfür bot man
sogar an, auf den "neutralen" Platz zu verzichten. Andernfalls sollte das
Endspiel bis spätestens 11.06.03 über die Bühne gehen. Da der FCC das
"entgegenkommende" Angebot der Blumenpflücker ausschlug, legte der TFV
den Termin auf den Di, 10.06.03, 18.00 Uhr im Gothaer Volksparkstadion fest.
Wer jetzt erwartete, dass man seitens des FCC über diesen Termin und Ort nicht
erfreut war, der bekam noch einen Zuschlag. Beim FC TFV regte sich Widerstand gegen
diesen mehr oder weniger selbst gewählten Termin. Wie kann man das Starensemble
des FC TFV nur 50h nach dem bedeutungslosen Regionalligaabschlusskick gegen den Tabellenletzten
in die Schlacht gegen den FCC schicken wollen? Der Skandal nahm seinen Anfang...
Soviel zur Vorgeschichte: Der Verfasser dieser Zeilen machte sich in seinem hessischen
Exil um 15 Uhr auf den Weg gen Gotha. Nach etwas mehr als 2h Fahrt bei hochsommerlichen
Temperaturen war die Abfahrt Gotha erreicht, doch nun begannen die Probleme. Die Zeit
verstrich wie im Fluge, die letzten Kilometer jedoch nicht: Gotha war dicht. Die ausgeschilderte
Route zum Volksparkstadion erwies sich als Umleitungspiste. Klasse Organisation. Dabei
gibt es doch eine ganz passable Ausweichroute durch Downtown-GTH. In der Nähe
des Stadions begann die verzweifelte Suche nach einem Parkplatz. Freundliche Uniformierte
winkten und gaben dann doch zu verstehen, dass man da und dort und hier nicht parken
darf. Noch 10 Minuten bis zum Spiel. Freundliche Einheimische gaben dann doch noch
Tipps auf versteckte Anliegerstraßen und zeigten Verständnis für die
temporäre Enge.
Am Eingang zum Gothaer Stadion wurde man von einer Traube geduldig wartender FCC-Fans
empfangen. Eine Kasse versorgte die Meute mit Eintrittskarten. Hoffi erklärte,
der Beginn würde verschoben. Alles war bestens. Dann, gegen 18.15 Uhr, noch 5m
bis zur Kasse, plötzlich ein Pfiff. Das Pfeifen im Walde? Nein, der Schiri gab
den Ball frei. Das Spiel lief. In den weiteren Minuten des Wartens war Raunen von den
Rängen hüben wie drüben zu vernehmen. Ein echter Pokalfight nahm seinen
Lauf und die Security sich jede Menge Zeit, die in kurzer Hose, T-Shirt und Birkenstock
anrückenden Fans gründlich zu filzen. Fan-Herz, was willst du mehr? Kurze
Gedanken an eine Erstürmung der Zuschauerränge machten die Runde, plötzlich
verzogen sich sogar die Uniformierten und ließen Fans, Kassiererin und Security
allein. Der Anfang der Erstürmung? Nein. Sichtlich geschockt, gaben die Jungs
in schwarz plötzlich Gas und es rückte spürbar vorwärts. Es geht
doch. Oben auf den Traversen angekommen, sah ich gerade noch einen Schuß von
Jovic knapp über die Latte sausen.
Nach einigen Momenten der Orientierung war der Faden zum Spiel gefunden. Von den TiTANEN
war nur eine kleine Abordnung von zwei Leuten da. Der Rest musste arbeiten, studieren
oder sich Konzerte ansehen. Sogar einige Lokalmatadore wurden gesichtet - und das bei
einem Auswärtsspiel.
Die Blumenkinder spielten die feinere Klinge, der FCC hielt wacker dagegen. Dagegen
hielten auch die Kicker des FC TFV. Ein ums andere Mal wurde ein Jenaer gestreckt,
gecheckt oder einfach festgehalten. Der Schiri beließ es bei freundlichen Ermahnungen,
schließlich war ja alles so schön: das Wetter, der Rasen, die vollen Ränge.
Das Spiel wogte auf und ab, ohne jedoch wirkliche Strafraumszenen zu produzieren. Es
blieb spannend. Halbzeit.
Nach Wiederanpfiff verstärkten die Blumenbinder den Druck und der Schiri seine
Bemühungen deren Treten, Zupfen, Halten, Checken so großzügig wie nur
möglich zu übersehen. Leider legte er diese Meßlatte nicht auch auf
der Gegenseite an. Jedes Stolpern, jedes Schreien eines Rot-Weißen wurde in einen
Freistoß umgemünzt. Woher kommt einem das bekannt vor? Das Spiel näherte
sich dem Höhepunkt. In der 70. Minute wird Szewczuk für Pätz eingewechselt.
Offenbar total übermotiviert, war seine erste Aktion ein als Kopfballduell getarnter
Ellenbogencheck gegen Holetschek. Und das genau vorm Jenaer Block. Jeder hatte es gesehen.
Und der Schiri? Der auch. Das gibt's nicht. Er hat's tatsächlich gesehen und gibt
sogar Gelb. Der Fußballgott ist ein Jenenser. Nach kurzer Behandlung kann sich
Holle aufrappeln und weiterspielen. In der 77.Minute gab es die bis dato größte
Chance für den FCC durch Maul, der alleine auf Twardzik zulief, aber zu lange
zögerte und sich den Ball noch wegspitzeln ließ. Irgendwann in den nächsten
Minuten kam ein hoher Ball der Blumenbinder nach vorn und Grasser machte sich bereit,
den Ball zurückzuköpfen. Was macht eigentlich unser Freund Szewczuk? Der
steht ca. 7m von Grasser weg, nimmt Anlauf, springt hoch und erwischt, nein nicht den
Ball, sondern Grasser, mit dem Ellenbogen, ins Gesicht. TiTANE Beu, der neben mir steht,
verschlägt's die Sprache. Normalerweise kommt in solchen Situationen von dort
immer ein ohrenbetäubendes "Der hat schon Gelb!" Aber das wäre
der Situation nicht gerecht geworden. Das war Rot. Eigentlich 2 mal Rot! Wegen Tätlichkeit
und wegen Dummheit! Machen wir's kurz: der Schiri schwingt den Zeigefinger, Szewczuk
darf weiterspielen, Achim und die Seinen verstehen die Welt nicht mehr und der FCC-Block
kocht. Der Trainer des FC TFV, offenbar ein bekennender Menschenfreund, wechselt Szewczuk
nach dieser Aktion wieder aus und bringt Dzihic. Damit hat er wahrscheinlich dem ein
oder anderen FCC-Kicker das Leben gerettet. Danke. In der 89.Minute wird Andy Raab
für Sonnenberg eingewechselt. Kurz darauf pfeift der 12.Mann der Erfurzer die
reguläre Spielzeit ab.
Die 3.Halbzeit beginnt mit einer Durchsage des Gothaer Stadionsprechers. Er verkündet
die Einwechslung von Andy Raab und lässt es sich auch nicht nehmen, extra zu betonen,
dass dies die dritte und letzte Auswechslung auf Seiten des FCC war. Eines der Blumenkinder,
gar nicht dumm, rennt daraufhin den Berbig um. Berbig hatte eine harmlose Flanke abgefangen
und wurde anschließend einfach über den Haufen gerannt, obwohl die Szene
längst bereinigt war und das Blumenkind eigentlich gar nicht soviel Schwung hatte,
dafür aber jede Menge überschüssiger Energie. Der Schiri unterbricht
notgedrungen das Spiel, lässt es aber bei einer Ermahnung für das Unschuldslamm.
Kennen wir schon. Berbig konnte Gottseidank weiterspielen.
Dann kommt das, was die einen ein Fußballmärchen und die anderen Ironie
des Schicksals nennen. Der für das Kopf(ball)ungeheuer Szewczuk eingewechselte
Dzihic macht das 1:0 für den FC TFV. Das Stadion jubelt, der Stadionsprecher gleich
mit. Aha, neutraler Platz. Wütende Anfeuerungsrufe aus dem Gästeblock. Es
half nichts mehr. 5 Minuten vor Schluß macht Fuchs aus einem Konter das 2:0.
Dazwischen gab es noch die Ausgleichschance für Jovic und eine 100%ige für
Dzihic. Das Spiel ist aus. Verloren. Das neutrale Gothaer Publikum hatte sich auf die
Seite des Siegers geschlagen. Während der FC TFV den Pokalgewinn und sich selber
feierte, feierten die FCC-Fans ihre Mannschaft und Achim, doch Letzterer wollte nicht
so recht. Der Stadionsprecher feierte den Schiri und ich ging mit hängendem Kopf
zum Auto. Es stand noch da, war nicht zerkratzt und auch ich blieb unbehelligt. Ein
versöhnlicher Abschluß eines alles in allem würdigen Pokalendspiels,
dessen Gewinner am großen Kuchen DFB-Pokal naschen darf.
Die Erfurzer waren dennoch unzufrieden. Nanu? Alles war nach Wunsch des (FC) TFV verlaufen
und die verweigern die Annahme des Pokals. Ja, gibt's denn das? Wieso wollen die das
Ding nicht? Ist es doch ein weiterer Meilenstein in der Geschichte dieses Fußballvereines
und eine weitere denkwürdige Jahreszahl auf Briefbögen und Wimpeln? Wer jetzt
denkt, die DFB-Pokalteilnahme würde damit auch flöten gehen, der irrt. Ordentlich
wie WimdB und Leiti sind, haben sie sich vorher in den Statuten schlau gemacht. Die
DFB-Pokalteilnahme ist nicht gefährdet. Also nicht nur eine unsportliche Aktion,
sondern eine geplante unsportliche Aktion. Der TFV wird sich eine angemessene Reaktion
einfallen lassen: ein kräftiges Dudu. Fan-Herz, was willst du mehr? Also auf ein
Neues. Nächstes Jahr wieder in Gotha, mitten in der Woche, die gleichen Mannschaften,
der gleiche Gewinner. Oder doch nicht? Sport frei.
T.L. |