Zeissfans sind Schmerzfetischisten. Sie fahren immer
wieder zu den Spielen, um sich das schon vorher erwartete grauenhafte Gegurke anzusehen.
Sie fahren zu Mannschaften, gegen die wir früher nicht mal Freundschaftsspiele
gemacht haben. Sie fahren mit Auto, Bahn und Bus - und manchmal auch mit dem Rad. Heute
war wieder mal Radfahren angesagt zum Punktspiel (traurig, aber wahr) gegen Pößneck.
Die Stadt ist erweitertes Jenaer Umland und kann getrost als Jena III bezeichnet werden,
soviele Ex-Jenaer spielen dort.
Kurz vor 10 fand sich die Gegenfraktion der Schönwetterfans am Osttor des Ernst
Abbe Sportfeldes ein, um die gut 35 Kilometer nach Pößneck in Angriff zu
nehmen. Unter ihnen viele der Gotharadler vom letzten Jahr, die sich nicht eines besseren
belehren ließen. Hoffi laberte ohne Unterlaß, wie immer, wenn man ihm ein
Mikro oder ne Flüstertüte gibt (u.a. begrüßte er die Fussballerinnen
aus Wolfsburg und prophezeite ihnen schon mal eine Niederlage) und Uwe Dern verteilte
FCC-Fähnchen. Für den besten U-18 Fahrer wurde ein Trikot gestiftet. Kurz
nach 10 setzte sich der Troß dann in Bewegung und fuhr gemütlich Richtung
Rothenstein. Bis dahin war die Strecke auch noch recht akzeptabel, aber kurz vor Kahla
ging's los mit Schotterstrecken und Holperpisten, deren Krater sonst nur auf dem Mond
zu finden sind. Kurz hinter Kahla und mit gehörigem Abstand zum widerlichen TEAG-Plakat
wartete man zum ersten mal auf die zurückgefallenen Mitstreiter (die Namen der
Letzten bleiben natürlich geheim, aber es waren wieder die üblichen Verdächtigen).
Nachdem man die halsbrecherischen Abfahrt durch die Thüringer Waldbestände
hinter sich gelassen hatte, rückte die versprochene Verpflegungspause immer näher.
Kurz hinter Freienorla wurde wegen der Aussicht auf Bier und Bratwurscht der Sprint
angezogen um mit zügigen 40 km/h ging's auf der Landstraße Richtung Langenorla.
Der dort ansässige Fanclub verpflegte die Radler mit den für Thüringer
essentiellen Nahrungsmitteln zu humanen DDR-Preisen. Gut gestärkt und ausgeruht
machte man sich auf die letzte und schwierigste Etappe - die steile Wand zu Pößneck.
An einer Kreuzung sammelten sich nochmals alle Recken und danach wurde zum Sturm auf
die Bastille Warte geblasen. Die U-18er machten gleich Druck, aber die sind
ja auch noch jung und mit Aussicht auf ein Zeisstrikot - sowas setzt nochmal Extrakräfte
frei. Die Älteren wie Gunner und ich (Little Joe wurde kurzerhand abgehängt)
nahmen die Verfolgung auf; und so kam es, dass Gunner, der sich zuvor kilometerlang
auf windiger Landstrasse in meinem Windschatten ausgeruht hatte, in einem dramatischen
Finish mit der gesparten Kraft und seiner an eine Nähmaschine erinnerende Tretfrequenz
(nur viel langsamer *g*) doch noch als erster ins Ziel kam. Am Ende ein Rang zwischen
5 und 10 für mich, das ist schon mal eine deutliche Verbesserung zu Gotha.
Natürlich war das Leiden in Pößneck mit dem Anstieg zur Warte noch
nicht beendet - es stand schliesslich noch das Spiel an. Mit Blick auf die Aufgaben
als Fotogott verzichtete man auf den Gästekäfig und reihte sich unter die
Pößnecker Heimfans. Das führte im Laufe des Spieles zu einigen amüsanten
Diskussionen - die Pößnecker freuten sich über mißlunge Aktionen
und winkten ab, wenn mal wieder ein Jenaer am Boden lag und wir schimpften über
die Knochentreterei der Heimmannschaft. Treitl machte schliesslich das Tor des Tages
und somit waren die besseren Argumente bei uns - zum Rest des Spiels schweigen wir
mal lieber.
Nach dem Spiel trennte sich die Schaar der Hardcorefans nochmals in Hart und Oberhart
- die Oberharten fuhren mit dem Rad auch zurück nach Jena. Dazu sei anzumerken:
Es sei der Tag verflucht, an dem Hoffi von der Alternativroute erfuhr - es gab da einen
Berg, gegen den die Warte ein Hügel war... Und nachdem mehr und mehr Radler auf
den Rückweg in diversen Kneipen verschollen waren, kamen Gunner, Joe und meinereiner
nach insgesamt rund 75 Kilometern als Erste in Jena an.
Tor: 0:1 Treitl (30.) |